Simon Beckett

Simon Beckett im Kreuzverhör

Seine Thriller um den forensischen Anthropologen Dr. David Hunter sind allesamt Bestseller: von der «Chemie des Todes» (Band 1) bis «Totenfang» (Band 5). Wir haben Simon Becketts Leserinnen und Leser auf Facebook aufgefordert, ihren Lieblingsautor all das zu fragen, was sie schon immer von ihm wissen wollten. Hier eine kleine Auswahl Q & A …

Questions & Answers

War das Schreiben eher ein Kindheitstraum oder eine späte Leidenschaft?
Ich habe schon immer gerne geschrieben. Ich vermute, ich mochte schon damals die Vorstellung, Schriftsteller zu werden, auch wenn ich noch keine Vorstellung hatte, was genau das bedeutete. Ich besuchte einen Englischkurs in der Schule, in dem es auch um kreatives Schreiben ging. Aber als der Kurs zu Ende war, fand ich nichts, worüber ich hätte schreiben können. Klare Karrierepläne hatte ich nicht. Also verdiente ich mein Geld einige Jahre mit diversen Handwerkerjobs; außerdem spielte ich Schlagzeug in einer Band (selbstverständlich in der Hoffnung, eines Tages einen Plattenvertrag in der Hand zu halten – wozu es leider nie kam).
Danach unterrichtete ich Englisch in Spanien. Weil der Unterricht abends stattfand, verbrachte ich den Tag meist mit der Arbeit an meinem ersten Roman. Ich kehrte dann nach Großbritannien zurück und hoffte, dort das Buch veröffentlichen zu können. Zunächst ergab sich aber die Chance, freiberuflich als Journalist zu arbeiten. Ich hatte bis ahin zwar keinerlei journalistische Erfahrung, aber das Glück, Aufträge zu ergattern und davon leben zu können.
Der Journalismus half mir, ein disziplinierter Schriftsteller zu werden – was wichtig war. Speziell lernte ich, wie man recherchiert – was sich dann als Autor als überaus wertvoll erwies. Und natürlich brachte der Journalismus mich zur Body Farm. Ohne diese hätte ich wohl nie die Idee zum Start der David-Hunter-Reihe gehabt.

Wie kam es zur Veröffentlichung Ihres ersten Buches?
Mit Ende 20 entschied ich mich, ein Vollzeit-Autor zu werden, also das schreiben zu meinem Beruf zu machen. Auch dann dauerte es aber noch einige Jahre, bis erstmals etwas von mir veröffentlicht wurde. Mein erster Roman war nicht gut genug; mein zweiter («Voyeur») wurde von den meisten Verlagen abgelehnt – bis es eines Tages dann doch klappte.
Endlich einen Roman publiziert zu haben, war extrem wichtig für mich. Es bedeutete, dass ich endlich erzählen konnte, was ich eigentlich mache. Bis dahin hatte ich nur engen Freunden erzählt, dass ich an einem Buch schreibe. Viele Leute waren überrascht … und sind es vermutlich immer noch.

Wo schreiben Sie? Muss es ein spezieller Ort sein – oder schreiben Sie überall, wo und wann gute Einfälle kommen?
Nein, einen besonderen Ort zum Schreiben brauche ich nicht. Ich arbeite in einem ganz gewöhnlichen Büro mit Schreibtisch, Computer und Fenster (aus dem ich viel zu viel rausschaue. Mehr ist es nicht. Ich trage aber mein Notebook immer mit mir herum, um mir immer Notizen machen zu können, wenn ich nicht im Büro bin.

Neben der Hunter-Reihe fand ich den Roman «Tiere» megagut. Warum schreibt man solche Bücher, wie kommt man auf diese Ideen?
Es freut mich, dass «Tiere» einer Ihrer Lieblingsbücher ist. Es unterscheidet sich von all meinen anderen Romanen. Ich habe es genossen, über eine Figur wie Nigel zu schreiben!
Meine früheren Romane waren allesamt psychologische Thriller. Als ich jünger war, erwog ich, Psychologie zu studieren. Was ich dann nicht tat – ich entschied mich stattdessen für Englische Literatur. Ich war immer daran interessiert zu verstehen, warum Menschen tun, was sie tun. Darum habe ich Bücher wie «Tiere», «Voyeur», «Flammenbrut» oder «Obsession» geschrieben. Aber auch die Hunter-Romane betrachte ich als psychologische Thriller. Ich werde oft gefragt, was mich eigentlich so sehr an Tod, Zerfall und Zersetzung fasziniere. Aber das ist es gar nicht – was mich interessiert ist, was ganz gewöhnliche Menschen in die Lage versetzt, schreckliche Dinge zu tun. Die Hunter-Romane sind perfekt geeignet, davon zu erzählen.

Wo fanden Sie die Inspiration zu Ihrer weltweit erfolgreichen Hunter-Serie?
Die Idee zu den David-Hunter-Büchern, speziell zur «Chemie des Todes», kam mir, als ich die Gelegenheit hatte, für einen Magazinartikel die Body Farm in Tennessee besuchte. Die Body Farm war damals der einzige Ort weltweit, an dem die Zersetzung von Körpern an echten Leichen untersucht werden konnte. Das beeindruckte mich sehr. Nach meiner Rückkehr nach Großbritannien begann ich mir Gedanken über einen fiktiven forensischen Anthropologen zu machen, der dort in Tennessee ausgebildet worden war und einige der Techniken nutzte, die ich dort gesehen hatte. Bis ich diese Figur voll entwickelt hatte, brauchte es eine gewisse Zeit. Um dem Leser eine emotionale Bindung zu dieser Figur zu ermöglichen, durfte Dr. David Hunter nicht allzu perfekt sein: ein Mensch mit Mängeln und Makeln eben.

Sie schreiben so düstere Romane. Fürchten Sie sich selbst vor dem Tod?
Die einfache Antwort lautet: Ja, wie die meisten Menschen auch. Ich befasse mich aber mit der ganzen Thematik nicht allzu intensiv. Das mag seltsam klingen bei dem, was ich schreibe. Doch es ist mein Anliegen, dass sich meine Leserinnen und Leser durch die Bücher gut unterhalten fühlen. Unheimlich darf es sein und spannend sowieso, aber morbide? Auf keinen Fall.

Wenn Sie den Auftrag erhalten könnten, eine Serie zu beenden (wie etwa Sanderson Jordans «The Wheel of Time») – welche wäre das und warum?
Das ist eine interessante Frage. Ich schwanke zwischen Raymond Chandlers Philip Marlowe und Ian Flemings James Bond (dessen Filme nicht vergleichbar mit den Büchern sind). Beide sind Lieblingsautoren, und es wäre ohne Frage ein Privileg und eine Herausforderung, ein Stück in den Fußstapfen eines dieser Großen zu gehen. Genau das ist aber gleichzeitig ein Grund, dies nicht zu tun. Ich habe Brandon Sandersons Fortsetzung von «The Wheel of Time» («Das Rad der Zeit») nicht gelesen, daher kann ich kein Urteil dazu fällen. Klar ist: Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, im Stil eines Autors zu schreiben und die Charaktere seiner Texte weiterzuentwickeln. Also – auch wenn es ziemlich reizvoll klingt, ich würde es wahrscheinlich nicht tun.

Gibt es Pläne, Ihre Bücher zu verfilmen?
Ich würde eine Fernsehadaption gegenüber einer Kinoverfilmung vorziehen, weil dies eine längere Laufzeit für die Entwicklung der Geschichte ermöglicht. Es gibt tatsächlich massives Interesse mehrerer Produktionsfirmen, aber ich möchte nichts überstürzen. Ein Buch zu adaptieren ist nicht einfach, und ich möchte nicht, dass ein schlechter Film oder eine schlechte TV-Serie daraus entsteht.

Wer wäre in Ihren Augen der perfekte Schauspieler für die Rolle des Dr. Hunter?
Ich habe keinen bestimmten Schauspieler im Kopf, es sind zweifellos einige für die Rolle geeignet. Ich beschreibe bewusst in den Thrillern nicht, wie Hunter aussieht. Ich möchte, dass sich die Leser ihr eigenes Bild von ihm machen: von seinem Aussehen, seiner Art. Würde ich jetzt einen speziellen Schauspieler nennen, würde dies das je eigene Bild meines Protagonisten Dr. Hunter ruinieren. Ich muss Sie also leider im Ungewissen lassen …

Steckt viel Simon Beckett in David Hunter?
Ja, das werde ich häufig gefragt. Und: Nein, ich glaube nicht, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen Hunter und mir gibt. Ich habe von Anfang an darauf geachtet, ihn einen eigenständigen Charakter sein zu lassen.

Waren Sie an all den Orten, an denen Ihre Bücher spielen?
Auch wenn ich die Schauplätze so real wie möglich erscheinen lassen möchte, sind die meisten von ihnen in meinen Romanen fiktiv. Ich war also ebenso wenig in den Backwaters wie in Norfolk Village oder auf den schottischen Hebriden, auf der Insel Runa – ganz einfach, weil diese Orte außerhalb meiner Bücher nicht existieren. Aber ich war natürlich an Orten, die denen aus meinen Büchern sehr ähneln und die mich inspirierten. Es geht mir darum, einen Ort zu schaffen, der zur Geschichte passt – und nicht eine Geschichte, die zu einem bestimmten Ort passen muss. Das Wichtigste ist, dass der Leser die Orte sieht, die ich beschreibe, darum geht es mir.

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